Digitale Netzwerke und lokale Beziehungen im Essener Stadtteil Margarethenhöhe

Bochum, 12. März 2024 

Linda Goris erforschte in ihrer Bachelorarbeit an der EBZ Business School, wie die Digitalisierung den Zusammenhalt in der Nachbarschaft beeinflusst. Wie wirken soziale Medien auf die Gemeinschaft? Was können Wohnungsunternehmen beitragen?

Wie genau und wo hast du die Umfrage gemacht?  

Die Umfrage hat im Essener Stadtteil Margarethenhöhe stattgefunden. Durch meine Tätigkeit im Bereich der Vermietung und Bewirtschaftung bei der Margarethe Krupp-Stiftung (MKS), welche den Siedlungsbestand der Margarethenhöhe verwaltet, konnte ich eine anonymisierte, quantitative Onlinebefragung der Quartiersbewohner*Innen vornehmen. Passend zum Thema der Digitalisierung wurde die Umfrage über einen Link in dem Mieterportal der MKS veröffentlicht. Dieses Mieterportal wird über eine App für Smartphones und anderen mobilen Endgeräten bereits von einer Vielzahl der Bewohner*Innen genutzt. 

Welche konkreten positiven Auswirkungen wurden durch die Nutzung nachbarschaftsbezogener sozialer Medien auf die soziale Kohäsion festgestellt?   

Die zwei wichtigsten positiven Auswirkungen waren zum einen, dass das Gefühl der Anonymität in der Nachbarschaft reduziert wurde, welches folglich zu einer stärkeren Verbundenheit zu den Mitmenschen geführt hat. Zum anderen hat die Einbindung in die Online-Gruppe zu einem höheren Integrationsgefühl bei den Quartiersbewohner*Innen beigetragen. Unabhängig davon, ob selbst Informationen in solchen Nachbarschaftsgruppen geteilt wurden, auf geteilte Informationen von anderen reagiert wurde oder nur ein reines Mitlesen von Inhalten stattgefunden hat, Mitglieder von Online-Gruppen in der Margarethenhöhe haben im realen Leben ein deutlich höheres Interaktionsmaß aufgezeigt. 

Wie könnten negative Aspekte der Nutzung dieser Medien auf die soziale Kohäsion minimiert oder ausgeglichen werden?  

Ein negativer Aspekt ist der teilweise erschwerte Zugang zu diesen Online-Nachbarschaftsgruppen gewesen, welcher zu einer Ausgrenzung von bestimmten Personengruppen geführt hat. Dies wurde insbesondere von Personen, die neu in das Quartier zugezogen sind, angemerkt. Wenn es also ausreichende Informationen oder sogar gewisse Ansprechpartner*Innen geben würde, ließe sich eine Teilnahme in diesen Online-Gruppen vereinfachen.  

Weiterhin besteht die Gefahr, dass mehr Zeit online verbracht wird und die Wichtigkeit von lokalen Beziehungen in der Nachbarschaft verloren geht. Digitale Netzwerke können zwar dazu beitragen eine bestehende Anonymität zu reduzieren, aber müssen gleichzeitig auch unter dem Aspekt der Qualität von Beziehungen betrachtet werden. Persönliche Kontakte können eine höhere persönliche Bindung hervorrufen als Online-Beziehungen. Hier könnten z.B. Mieterinitiativen, welche nicht digital, sondern persönlich vor Ort stattfinden, entgegenwirken. 

Wie könnten Wohnungsunternehmen konkret die Bedeutung von Online-Nachbarschaftsgruppen berücksichtigen und sollten sie diese überhaupt fördern?  

Da sich der Trend von Online-Nachbarschaftsgruppen weiter ausbilden und es zu einer immer größer werdenden digitalen Kommunikation in der Nachbarschaft kommen wird, sollten Wohnungsunternehmen dies in jedem Falle fördern und für sich nutzen. Sofern bekannt ist, dass es digitale Nachbarschaftsgruppen gibt, würde bereits ein Hinweis auf die Existenz dieser Gruppen (z.B. im Rahmen der Neuvermietung) hilfreich sein. Dies fördert nicht nur die Wahrnehmung als modernes und serviceorientiertes Unternehmen, sondern bietet den Mieter*innen zahlreiche Anregungen und Lösungen das Leben im Quartier mitzugestalten und selbst zu bestimmen.  

Linda Goris arbeitet als Immobilienkauffrau (B.A.) bei der Margarethe-Krupp-Stiftung und hat ihr Bachelorstudium im Sommersemester 2023 an der EBZ Business School abgeschlossen.

Wenn Sie über die Ergebnisse der wissenschaftlichen Befragung informiert bleiben möchten oder weitere Informationen zum Forschungsprojekt „Bin ich schon drin?“ suchen, besuchen Sie gerne die Projektwebseite www.bin-ich-schon.online

Projektleitung
Prof. Dr. Jan Üblacker
J.Ueblacker@ebz-bs.de

Pressekontakt für
Wissenschaftskommunikation und Transfer
Kim Sandra Pruski
K.Pruski@ebz-bs.de